Älteren alternsgerechte, sinnstiftende Perspektiven eröffnen. Wie ein individueller Perspektivenwechsel den demografischen Wandel mildern kann

Berlin, 3. Juli 2024: Um den demografischen Wandel zu meistern, sind die Älteren eine wesentliche Zielgruppe. Unternehmen müssen ihnen alternsgerechte, dabei sinnstiftende Perspektiven eröffnen. Das geht besser, wenn die Älteren sich auf ihr individuelles Älterwerden und die damit einhergehenden Veränderungen bereits eingelassen haben. ddn-Vorstandsmitglied Franz Donner plädiert für einen individuellen wie personalpolitischen Perspektivenwechsel

„Der demografische Wandel ist auch eine ganz persönliche Aufgabe“, geht Franz Donner gleich in medias res. „Je früher wir uns als Individuen mit dem Älterwerden beschäftigen, persönliche Perspektiven für das Älter- und Alt-Sein entwickeln, umso besser nicht nur für uns selbst, sondern auch für Gesellschaft und Wirtschaft.“ Franz Donner ist Vorstandsmitglied von Das Demographie Netzwerk (ddn) e.V. in Berlin. Er war mehr als 30 Jahre Führungskraft bei einem Hightech-Konzern, zuletzt zehn Jahre als Personalleiter in der Gruppe. Aktuell arbeitet er für eine Arbeitsrechtskanzlei und vielfach ehrenamtlich. Auch war er Mitglied im inzwischen eingestellten Rat der Arbeitswelt des Bundesarbeitsministeriums.

„Die Konsumwelt suggeriert uns das Zielbild einer ewigen Jugend und Leistungsfähigkeit, in Wirklichkeit geht das Älterwerden aber mit schleichenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen, geänderten Bedürfnissen und Wünschen einher“, bringt es Donner auf den Punkt. „Dabei altern wir je nach Erwerbstätigkeit und persönlichen Lebensumständen sehr unterschiedlich, auch genderspezifische Besonderheiten spielen in den Prozess des Älterwerdens mit hinein.“ Schon ab einem Alter von 50, 55 Jahren sollten Menschen sich daher Gedanken machen, wie das Erwerbsleben und das persönliche Leben weitergehen können und sollen, empfiehlt der Experte. „Es geht um einen offenen und ehrlichen Dialog mit sich selbst, einen persönlichen Perspektivenwechsel. Altersbedingte Einbußen in der persönlichen Leistungsfähigkeit zu akzeptieren, heißt nicht zum alten Eisen zu gehören. Da geht noch viel – wir müssen es nur richtig, das heißt abgestimmt auf das Alter, angehen.“  

Übertragen auf die betriebliche Praxis heißt das für ihn: „Auch im Unternehmen gilt es, einen offenen und ehrlichen, zugleich sensiblen und wertschätzenden Dialog zu führen, wie die Arbeitsbedingungen für die älter werdenden Mitarbeitenden angepasst werden können – bis hin zu individuell modifizierten Spielräumen und mehr Flexibilität für die einzelnen Beschäftigten. Das Schlüsselwort ist auch hier alternsgerecht.“

Die Wirtschaft wird von diesem persönlichen wie personalpolitischen Perspektivenwechsel in jedem Fall profitieren: In den nächsten zehn Jahren wird voraussichtlich knapp jede*r vierte Beschäftigte – das sind 6,7 Millionen Menschen – altersbedingt aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden, rechnet das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) aktuell noch einmal nach. Besonders groß ist die Zahl der älteren Beschäftigten (55 und älter) in Berufen für Fachkräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung. Hier verlassen in den nächsten zehn Jahren bis zu 4,5 Millionen Fachkräfte den Arbeitsmarkt. Zugleich liefen bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes mehr als 1.100 Anfragen zum Merkmal Alter ein – so der aktuelle Jahresbericht 2023. Das sind 14 Prozent aller Anfragen. Die ebenfalls aktuelle Diversity-Studie 2024 der Karriereplattform XING stellt zudem fest, dass „mehr als jeder vierte Berufstätige über 50 schon einmal aufgrund seines Alters diskriminiert wurde – in den meisten Fällen sogar von der eigenen Führungskraft“. Donner unterstreicht nachdrücklich: „Ältere Mitarbeitende sind im Kampf gegen den Fachkräftemangel eine der wichtigsten Gruppen, sie bringen viele Erfahrungen und Kompetenzen mit, haben im Laufe eines langen Berufslebens viele technologische, organisatorische und personelle Veränderungen mitgemacht, sich immer wieder auf Neues eingelassen, damit Flexibilität und Anpassungsfähigkeit bewiesen. Wer ihnen jetzt alternsgerecht entgegenkommt, sichert Potenzial und Arbeitskraft und besteht den Fachkräftemangel besser.“

Dass die Rechnung aufgehen wird, belegt auch die ddn-Studie vom Herbst 2023 zu Rente und Generationenverhältnis: Menschen sind immer dann bereit, länger zu arbeiten, wenn Wertschätzung und Perspektiven stimmen, sie da abgeholt werden, wo sie stehen. Und das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) weiß zudem: „Wer im Alter – insbesondere zwischen 66 bis 70 – arbeitet, ist zufriedener.“ Donners Fazit: „Offenheit für Bedürfnisse und alternsgerechte Arbeitsbedingungen bringen also eine Win-Win-Situation für alle.“

Der ddn-Vorstand hat aber noch ein weiteres Anliegen: „Wichtig ist mir auch das Thema Sinnstiftung: Berufliche Tätigkeiten oder generell Tätigkeiten sind in der Regel umso reizvoller, wenn sie auch eine persönliche Sinn-Komponente erhalten. Diese für sich zu erschließen oder zu vertiefen ist auch eine gute Option, das Älterwerden zu gestalten und zu bewältigen.“ Dabei sieht Donner Sinnstiftung nicht allein im beruflichen Umfeld, sondern auch im ehrenamtlichen Engagement. Aktuell sind in Deutschland fast 29 Millionen Menschen ehrenamtlich in ihrer Freizeit in Vereinen, im Sport, im Umweltschutz, in kulturellen oder sozialen Initiativen für das Gemeinwohl aktiv. „Ein solches Engagement zahlt sich im Übrigen auch für Unternehmen aus“, findet er. „Die bisherige betriebliche Laufbahn plus private Talente und Fähigkeiten aus dem Engagement können auch innerbetriebliche Perspektiven eröffnen, den weiteren Erhalt als Fachkraft fördern.“

Unternehmen, die alternsgerechte Strukturen schaffen wollen, hilft zudem der Later Life Workplace Index (LLWI). Dieses Instrument entstand aus einer Kooperation des Lehrstuhls von Professor Jürgen Deller an der Leuphana Universität Lüneburg mit dem Demographie Netzwerk, dem Goinger Kreis, der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) sowie im Austausch mit internationalen Forschungseinrichtungen. Der LLWI ist ein praxisnahes Analyse-Tool, das Unternehmen eine Selbsteinschätzung im Umgang mit dem demografischen Wandel ermöglicht und Handlungsoptionen eröffnet. Mehr Infos zum LLWI erhalten Sie hier.

Über Das Demographie Netzwerk e.V. (ddn):

Das Demographie Netzwerk e. V. (ddn) ist ein gemeinnütziges Netzwerk von Unternehmen und Institutionen, die den demografischen Wandel als Chance begreifen und aktiv gestalten wollen. ddn wurde 2006 auf Initiative des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und im Kontext der Initiative neue Qualität der Arbeit (INQA) gegründet. Die Mitglieder engagieren sich mit dem Anspruch „gemeinsam Wirken“ und in kollaborativer Zusammenarbeit. In regionalen und überregionalen Foren, in digitalen und persönlichen Treffen bearbeitet das Netzwerk Themen wie Qualifizierung, Digitalisierung, Führung und Diversity. ddn initiiert, leitet und unterstützt Förder- und Forschungsprojekte zu seinen Themen. Seit 2020 verleiht ddn den Deutschen Demografie Preis ddp.

Pressekontakt: Andreas Scheuermann
Tel.: 0611-1666-1424,
Mail: redaktion@auctority.net

Profil: Franz Donner
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