Weiterbildung als Schlüssel zur Zukunft
Prof. Dr. Hubert Ertl, Forschungsdirektor des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), eröffnete die Veranstaltung mit einem fundierten Überblick über die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen der beruflichen Weiterbildung in Deutschland.
Er stellte heraus, dass in den kommenden 15 Jahren über 3,5 Millionen bestehende Jobs wegfallen werden, während gleichzeitig neue Berufsfelder entstehen. Diese Transformation der Arbeitswelt erfordert gezielte Qualifizierung und Umschulung – insbesondere dort, wo neue Tätigkeiten nicht deckungsgleich mit den bisherigen Berufsfeldern sind. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Ausführungen war die zunehmende Digitalisierung der Weiterbildung. Laut dem Betriebspanel des BIBB bieten inzwischen über 70 % der Unternehmen in Deutschland digitale Lernformate an – ein Trend, der durch die Corona-Pandemie stark beschleunigt wurde und durch Technologien wie Künstliche Intelligenz weiter an Dynamik gewinnt. KI kann dabei helfen, passgenaue Lernangebote zu identifizieren und Lernprozesse effizienter zu gestalten.
Besonders betonte Prof. Ertl die Bedeutung der Weiterbildung für ältere Beschäftigte im Kontext des demografischen Wandels. Angesichts sinkender Erwerbstätigenzahlen sei es entscheidend, ältere Arbeitnehmer*innen dazu zu befähigen und zu motivieren länger im Arbeitsleben zu halten. Hierzu wurde am Bundesinstitut eine Nachwuchsforschungsgruppe ins Leben gerufen, die unter der Leitung von Juniorprofessorin Dr. Laura Naegele praxisnahe und evidenzbasierte Lösungen entwickelt, um digitale Lernangebote besser auf die Bedürfnisse älterer Beschäftigter abzustimmen.
Praxisimpuls Lufthansa: Lernen im Homeoffice
Andreas Scholz, Betriebsrat bei der Lufthansa, berichtete über die Einführung von „Learning @Home“ – einem Modell, das es Mitarbeitenden erlaubt, Schulungen im Homeoffice zu absolvieren. Die Corona-Pandemie hatte den Anstoß gegeben, digitale Lernformate zu testen. Die Evaluation zeigte: Die Erfolgsquoten sind vergleichbar mit Präsenzformaten, und die Akzeptanz ist hoch. Diese Erkenntnis war der Ausgangspunkt für die Entwicklung der Betriebsvereinbarung „Learning @Home“, die 2023 zunächst als Pilotprojekt startete.
Das Modell erlaubt es Mitarbeitenden, Pflichtschulungen im Homeoffice zu absolvieren – vorausgesetzt, sie verfügen über eine stabile Internetverbindung. Die Schulungen können sowohl über private als auch über firmeneigene Endgeräte durchgeführt werden. Besonders spannend: Die Evaluation zeigte, dass viele Mitarbeitende ihre Schulungen nicht am PC, sondern über mobile Endgeräte wie Smartphones absolvieren – ein wichtiger Aspekt, der die Gestaltung zukünftiger Lernformate maßgeblich beeinflussen wird, da bisherige Lernformate bisher nicht an das Smartphone angepasst waren.
Evaluation: Wie wird Learning@Home genutzt?
Juniorprofessorin Dr. Laura Naegele und Leiterin der Nachwuchsforschungsgruppe „BeKomIng Digital“ präsentierte die Ergebnisse der quantitativen Befragung bei Lufthansa. Rund 2.000 Mitarbeitende nahmen teil – eine hohe Rücklaufquote.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Mehrheit der Beschäftigten ihre Web-Based Trainings (WBTS) weiterhin im Unternehmen absolvieren. Doch bereits knapp 20 % nutzen die Möglichkeit, ihre Pflichtschulungen im Homeoffice zu erledigen. Besonders bemerkenswert: Die Altersgruppe 60+ nutzt Learning@Home sogar häufiger als die Gruppe der 51- bis 60-Jährigen.
In einer offenen Frage wurden die Gründe erfasst, warum Mitarbeitende nicht von zu Hause lernen, dabei wurden Aspekte wie Unbekanntheit des Angebots, Fehlende Unterstützung durch Vorgesetzte, Zeitmangel und Arbeitsbelastung aber auch der Wunsch nach Trennung von Arbeit und Privatleben genannt.
Ein weiteres spannendes Ergebnis: Nutzer:innen von Learning@Home zeigen in nahezu allen Kategorien eine etwas höhere Zufriedenheit als jene, die überwiegend oder ausschließlich Learning@Company nutzen. Deutliche Unterschiede bestehen insbesondere beim Arbeitsklima sowie bei Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten. Insgesamt könnte die höhere Zufriedenheit der Learning@Home-Nutzer:innen auf die Vorteile flexiblerer Arbeitsbedingungen hinweisen.
Fazit und Ausblick
Die Veranstaltungsreihe zeigte eindrucksvoll, wie digitale Weiterbildung zukunftsfähig gestaltet werden kann – wenn sie an den Bedürfnissen der Beschäftigten ausgerichtet ist. Insgesamt wurde deutlich, dass ältere und jüngere Beschäftigte ähnliche Lerninhalte bevorzugen, ältere Beschäftigte jedoch stärker sozialen Austausch bevorzugen. Deshalb sollten digitale Lernformate gezielt Möglichkeiten für Interaktion und Rückfragen bieten.
Weiterführende Materialien zur Veranstaltung stehen Ihnen hier zur Verfügung.