Wie erlebt die junge Generation den demographischen Wandel?

Eine Gruppe wird in den Debatten um den demographischen Wandel oft übersehen: junge Menschen. Jugendliche und junge Erwachsene spüren dabei bereits jetzt die Folgen des demographischen Wandels.

Die Folgen des demographischen Wandels machen sich mittlerweile an vielen Stellen bemerkbar: Der Fachkräfte- und Arbeitermangel ist in Industrie, Verwaltung und dem Gesundheitswesen angekommen, die Rente scheint für Jüngere unsicher zu sein und der Fokus richtet sich zunehmend auf die Bevölkerungsgruppe im mittleren Alter, die Karriere und Kindererziehung unter einen Hut bekommen muss. Doch eine Gruppe wird in den Debatten oft übersehen: junge Menschen. Jugendliche und junge Erwachsene spüren bereits jetzt die Folgen des demographischen Wandels.
 

Zwischen Hoffnung und Pessimismus

Die Generation Z ist gerade zwischen 10 und 25 Jahren alt und so klein wie kaum eine Generation vor ihr. Das Statistische Bundesamt ermittelte 2021, dass nur noch 10 Prozent der Bevölkerung zur Alterskohorte zwischen 15 und 24 Jahren gehören. Seit Beginn der Aufzeichnungen war der Anteil der Jungen noch nie so gering. Dies hat einen unmittelbaren Effekt auf diese Generation – doch es gibt große regionale Unterschiede in Deutschland.

In strukturschwachen Landkreisen wachsen junge Menschen bereits mit den Folgen des demographischen Wandels auf: Aufgrund von Fortzug und Überalterung schließen Schulen, Kindertagesstätten, Hausarztpraxen und Freizeitangebote für Jugendliche. Ausbildungsplätze sind in diesen Regionen, die sowohl in Ost- wie in Westdeutschland zu finden sind, nur in geringem Maß vorhanden.

Doch auch in strukturstarken Regionen merken Jugendliche große Herausforderungen.Die Erziehungswissenschaftlerin Prof. Dr. Karin Böllert von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster erklärt, dass junge Menschen noch nie so ein gutes Verhältnis zu älteren Generationen hatten und sie als Vorbilder für ihr eigenes Handeln sehen. Gleichzeitig befürchten sie, dass ihre Stimme politisch und gesellschaftlich weniger gehört wird. Dies sei insbesondere während der Corona-Pandemie deutlich geworden. Schülersprecher*innen hätten für bessere Hygienekonzepte in Unterrichtsräumen appelliert, ihre Forderungen blieben jedoch meist unbeachtet. Auch in puncto Generationengerechtigkeit und Stabilität des Sozialsystems würden die Interessen junger Menschen weniger beachtet werden.

Allerdings könnte der demographische Wandel für junge Menschen auch Vorteile bringen: Die Journalistin Anke Brodmerkel argumentiert in einem Beitrag für die Bundeszentrale für politische Bildung, dass junge Menschen es leichter auf dem Arbeitsmarkt haben könnten. Aufgrund des Fachkräftemangels sei das Risiko für Arbeitslosigkeit gering, da an allen Stellen nach Personal gesucht wird. Außerdem können junge Menschen auf mehr Flexibilität und familienfreundliche Arbeitsmodelle hoffen, da Unternehmen versuchen auch Menschen mit Sorgeverpflichtungen zu binden.

Möglicherweise kann der demographische Wandel auch wie ein Integrationsmotor wirken: Brodmerkel argumentiert, dass die Toleranz für Arbeitskolleg*innen aus unterschiedlichen Nationen steigen könnte, da Unternehmen alle Zielgruppen stärker ins Visier nehmen müssen.
 

Es braucht mehr Dialog – und mehr Daten!

Der demographische Wandel wird bis 2060 zu merklichen Veränderungen in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik führen. Gegenwärtig werden primär die Folgen für Menschen in der Mitte ihres Lebens sowie für Ältere in den Fokus gerückt, die Jungen kommen kaum zu Wort. Es gibt wenige Austauschformate, bei denen die Perspektiven der jungen Menschen deutlich werden.

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend veröffentlichte 2014 eine Allensbach-Studie, nach welcher 69 Prozent der Menschen zwischen 20 und 34 Jahren im demographischen Wandel ein „ernsthaftes Problem“ sehen. Diese Studie gibt zwar einen ersten Hinweis auf die Befürchtungen der Jungen, allerdings bedarf es noch mehr Forschung.

Als Demographie Netzwerk möchten wir junge Stimmen zu Wort kommen lassen, anstatt nur über sie zu sprechen. Im Rahmen der Impulsreihe „Digitale Ethik“ sprachen wir mit den Jungpolitikern Tobias Bacherle und Robin Mesarosch. Bei unserem monatlichen Community-Format demographic bites teilten unter anderem Julia Finsel (Universität Leuphana), Prof. Dr. Fabiola Gerpott (Otto-Beisheim School of Management) und Ali Can (Sozialaktivist) ihre Expertise zu Diversität und Demographie. Wir setzen den generationenübergreifenden Dialog fort, denn nur mit unterschiedlichen Blickwinkeln lassen sich die besten Lösungen für den Wandel der Gesellschaft finden.

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