Zukunftsfähige Pflege durch Kompetenzentwicklung

Wertvolle Einblicke und Impulse der am 27.04. stattgefundenen Veranstaltung, bei der Expert*innen und Interessierte über die Herausforderungen und Chancen der digitalen Transformation in der Pflege diskutierten. Insbesondere die Rolle der Führungskräfte und Pflegekräfte in diesem Prozess wurde beleuchtet.

Kompetent in die Digitalisierung: Hilfreiche Tools und Best Practices für Pflegeeinrichtungen

Dr. Asarnusch Rashid, Leiter am Zentrum für Telemedizin Bad Kissingen, erläuterte in seinem Beitrag die Erfolgsfaktoren und typische Fehler bei der Einführung digitaler Technologien in Pflegeeinrichtungen. Er stellte auch wertvolle Tools und Qualifizierungsangebote vor, die Pflegeeinrichtungen bei der Implementierung unterstützen können. Rashid betonte die Bedeutung einer sorgfältigen Digitalisierungsstrategie, der Einbindung der Mitarbeiter*innen und der Einhaltung von Datenschutzstandards.

Ein gutes Beispiel für gelungene Digitalisierung in stationären Pflegeeinrichtungen wurde in einem Video-Interview mit Michael Wehner, Betreiber und Heimleiter des Seniorenheims am Saaleufer, präsentiert. Wehner betonte, dass die Technologie nicht dazu diene, das Personal zu ersetzen, sondern es zu entlasten und die Qualität der Pflege zu verbessern. Das Video ist bei YouTube abrufbar:

Digitalisierung im Pflegeheim - das funktioniert!

Der „Leitfaden zur Digitalisierung in der Pflege Care 4.0“ vom DRK und dem Institut für Innovation und Technik wurde als wertvolle Ressource empfohlen. Das PDF-Dokument biete eine umfassende Anleitung zur Entwicklung von Digitalisierungsstrategien und zum Einsatz von Technologien in der Pflege.

Die Unterstützung bei der eigenständigen Implementierung von Technologien innerhalb der Einrichtungen sei auch die Motivation hinter der Entwicklung des Digitalisierungsassistenten DiCo. Eine seiner wichtigsten Lessons Learned:

„Lieber im kleinen erste Erfahrungen sammeln, als eine riesen Digitalisierungsstrategie zu entwickeln und dann schon in den ersten Details zu scheitern, sondern erstmal zu schauen wir machen kleine Sachen, fangen damit an und haben erste Erfolgserlebnisse damit und motivieren die Mitarbeitenden damit. Das macht Sinn und es können auch einfache Ebenen sein wo man einsteigt.“

Das Projektteam ist weiterhin offen für Feedback, denn der Assistent wird stetig optimiert und die Technologie-Datenbank des DiCo erweitert, um ihn passgenauer einstellen zu können. Durch kontinuierliche Verbesserungen und Anpassungen kann der Assistent zur Steigerung der Effizienz und Qualität in den Pflegeeinrichtungen beitragen. „Der DiCo lebt nur davon, dass er genutzt wird und einen Nutzen stiftet“ lautet sein abschließender Appell an die Pflegeeinrichtungen.

Führung im und durch den digitalen Wandel in der Pflege

Dr. Lena Marie Wirth von der Universität Osnabrück konzentrierte sich in ihrem Vortrag auf zwei Hauptaspekte: die Implementierung von Technologien und deren An- und Verwendung in der Pflege.

Dr. Wirth erläuterte, dass eine sinnvolle Integration digitaler Technologien und ihre gesundheitsorientierte Nutzung nur dann erfolgreich sein können, wenn Führungspersonen diesen Wandel als ihre Aufgabe begreifen und gemeinsam mit ihren Mitarbeitenden gestalten. Sie betonte die Bedeutung einer vertrauensvollen Beziehung und eines Führungsstils, der nicht nur effektiv ist, sondern auch die Gesundheit der Mitarbeitenden berücksichtigt. Die Arbeitsbedingungen und -merkmale gemäß den DIN-Normen spielten dabei eine wichtige Rolle, da sie genau festlegen, was gesundheitsförderliche Arbeitsmerkmale sind.

Dr. Wirth wies darauf hin, dass Führungspersonen auch auf sich selbst achten und dieselben Maßstäbe anlegen sollten wie für ihre Mitarbeitenden, um ihre Vorbildfunktion zu erfüllen. Sie betonte, dass digitale Technologien nicht per se gut, aber sie „sind auch nicht neutral. Sie verändern Wahrnehmung und Interpretation – und damit natürlich auch die Arbeit“. Es sei wichtig, den Mitarbeitenden zu vermitteln, dass sie weiterhin Akteure bleiben und lernen können.

Sie beschrieb die berufliche Pflege gemäß der Definition ihrer Arbeitsgruppe in Osnabrück als wissens-, interaktions- und beziehungs- sowie körperorientierte Arbeit. Des Weiteren sei sie charakterisiert als Arbeit in komplexen Sorgenetzwerken/-Arrangements, in Ungewissheit und mit Unwägbarkeiten Sie betonte die Möglichkeiten, die Führungspersonen haben, um auf die Rahmenbedingungen, Anforderungen und Ressourcen Einfluss zu nehmen. Dr. Wirth ermutigte die Teilnehmenden, sich bewusst zu machen, dass die Arbeitsaufgabe verschiedene Dimensionen hat und dass Technologien auf all diese Facetten Einfluss nehmen können.

Im zweiten Teil ihres Vortrags zur Ver- und Anwendung von Technologien betonte Dr. Wirth insbesondere die Notwendigkeit von Reflexionsräumen. Sie erwähnte, dass Teamgespräche in der ambulanten Pflege oft schwer zu terminieren sind, und dass Technologien helfen könnten, dies dennoch zu ermöglichen. Auch das Thema Dokumentation wurde angesprochen denn auch hier ginge es darum „Zeit zu haben zu dokumentieren und sich den Fall zu vergegenwärtigen.“

„Es gibt auch Bereiche, wo man sagen kann, hier brauchen wir einen Menschen, das kann nicht einfach digitalisiert werden.“

Dr. Wirth empfahl Führungspersonen, differenziert vorzugehen und die individuellen Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden zu berücksichtigen. Nicht alle Technologien passen zu jedem Mitarbeitenden, und es sei wichtig, diese Wahrnehmung zu besprechen und im Nachgang zu bewerten. Sie betonte auch, dass es durchaus sinnvoll sein kann, sich gegen einen Technologieeinsatz zu entscheiden.

Implementierung eines adaptiven Weiterbildungsunterstützungssystems im Berufsfeld Pflege / ADAPT

Laura Schröer von der Forschungsgruppe Arbeit und Wandel am Institut für Arbeit und Technik der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen stellte das Projekt ADAPT vor, das eine adaptive Weiterbildungsunterstützung für Pflegende bietet. Das vordergründige Projektziel bestehe darin, Weiterbildungen besser zu strukturieren, da sie in Zukunft noch wichtiger werden, insbesondere aufgrund des neuen Bedarfs, der durch den Einsatz digitaler Techniken entstanden ist. Durch die personalisierte Suche auf der eDoer Lernplattform können Pflegende digitale Lernangebote finden, die ihren individuellen Bedürfnissen entsprechen. Schröer betonte die Notwendigkeit einer besseren Strukturierung von Weiterbildungen und die Vorteile des digitalen Lernens in Bezug auf Ressourcenschonung und Flexibilität.

Eine Befragung der Forschungsgruppe von Laura Schröer ergab, dass nur wenige Pflegekräfte derzeit das Gefühl haben, dass ihre Arbeit so organisiert ist, dass sie Auszeiten zum Lernen und für Fortbildungen nehmen können. Zudem wird die Arbeitsbelastung als zu hoch empfunden. Schröer stützt sich auch auf eine Literaturrecherche, die gezeigt hat, dass digitales Lernen vor allem in Bezug auf das Sparen von Ressourcen sowie die ubiquitäre Verfügbarkeit und Flexibilität von Vorteil ist. Unter Ressourcen werden in diesem Zusammenhang Zeit, Lehrkräfte und Geräte für das digitale Lernen verstanden.

Mehr als die Hälfte der Befragten empfindet das digitale Lernen als Chance, wenn es von einer Lernbegleiterin oder einem Lernbegleiter unterstützt wird und die Lernfortschritte sichtbar gemacht werden. Es gibt jedoch auch Bedenken, dass beispielsweise das digitale Lernen in der Freizeit stattfinden soll.

Die Ergebnisse der Befragung lassen sich in drei Thesen zusammenfassen:

„Lernen muss schnell und niedrigschwellig im Arbeitsalltag möglich sein.“ Als Lösung schlägt Schröer das Angebot unterschiedlicher Lernformate vor, was auf der eDoer-Lernplattform mit den Formaten „Lernreise“, „Kurs“ und „Thema“ umgesetzt wird.

„Durch das Gelernte muss ein Mehrwert für die Arbeit entstehen.“ Dies kann durch arbeitsintegriertes Lernen erreicht werden.

„Digitales Lernen braucht analoge Begleitung.“ Um dies zu erreichen, wurde ein Train-the-Trainer-Konzept entwickelt sowie Workshopformate zur eigenständigen Erstellung von Lernangeboten durch die Beschäftigten, die derzeit noch in der Pilotierungsphase sind.

Schröer betont, dass insbesondere die Möglichkeit, selbst Inhalte zu gestalten, auf große Zustimmung gestoßen ist. Die Lernplattform eDoer ist im Google Play Store und im App Store verfügbar. Die Lernenden können die App „eDoer Learn“ verwenden, während die Lehrenden die App „eDoer Curation“ nutzen können.

Die Teilnehmenden der Veranstaltung konnten wertvolle Erkenntnisse mitnehmen, um die digitalen Herausforderungen in der Pflege anzugehen. Die Veranstaltung hat gezeigt, dass die Kombination aus digitalen Technologien und Kompetenzentwicklung ein vielversprechender Weg ist, um die Zukunftsfähigkeit der Pflege zu gewährleisten und die Versorgung der Patient*innen weiter zu verbessern. Es bleibt zu hoffen, dass die gewonnenen Erkenntnisse in der Praxis umgesetzt werden und die Pflegebranche von den Fortschritten der digitalen Transformation und von Projekten wie dem DiCo profitiert.

Mit dieser Session wurde die Veranstaltungstrilogie zur Digitalisierung der Pflege im Rahmen des DiCo abgeschlossen. Am 13.06. haben alle Interessierten aber noch einmal die Möglichkeit an der Abschlussveranstaltung zum DiCo teilzunehmen, wo die Projekterkenntnisse und die Bedeutungen für die Pflegepraxis konkret vorgestellt werden.

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