Rahmen statt Reflex: Arbeitsrechtlich gut aufgestellt
Dr. Tobias Brors, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner bei Pusch Wahlig Workplace Law, betonte eingangs, dass KI kein rechtsfreier Raum ist. Auch neue Technologien wie generative KI oder automatisierte Entscheidungssysteme lassen sich unter geltende Mitbestimmungsrechte fassen. Wichtig sei jedoch, mit Augenmaß zu regeln – nicht jede neue Technologie erfordere sofort eine eigene, umfangreiche Betriebsvereinbarung. Brors warb für risikobasierte Einschätzungen und dafür, bewusst zwischen zentralen und verzichtbaren Regelungsbedarfen zu unterscheiden.
Vom Pilot zur Praxis: KI in Unternehmensprozessen
Christian Tribowski, Director Sales & Alliance bei IBM iX, schilderte die Erfahrungen aus der Umsetzungsperspektive. In vielen Unternehmen komme KI inzwischen in unterschiedlichsten Bereichen zum Einsatz – von der Automatisierung administrativer Aufgaben bis hin zur Unterstützung interner Beratungsprozesse. Der Trend gehe dabei klar weg vom informellen Ausprobieren einzelner Anwendungen hin zu strukturierten Enablement-Strategien. Für gelingende Integration brauche es technisches Know-how, rechtliche Klarheit – und Mitbestimmung als gestaltende Instanz.
Mitbestimmung aktiv gestalten – auch bei Unsicherheit
Katharina Horn, Betriebsrätin bei der Deutschen Lufthansa, ergänzte die Perspektive der Interessenvertretung. In ihrem Unternehmen wird aktuell an einer konzernweiten Rahmenvereinbarung zum Einsatz von KI gearbeitet. Dabei geht es sowohl um konkrete Anwendungsfälle als auch um Grundsätze, wie Transparenz, ethische Grenzen und Beschäftigtenschutz gesichert werden können. Horn hob hervor, wie wichtig technischer Sachverstand im Gremium ist – und dass Betriebsräte mit der notwendigen Unterstützung in der Lage sind, auch komplexe Technologiethemen wirksam zu begleiten.
Wissen, Sicherheit und Vertrauen als Schlüssel
Ein zentrales Thema der Diskussion war der Wissensaufbau – sowohl auf Unternehmens- als auch auf Beschäftigtenseite. Die neue europäische KI-Verordnung macht deutlich: Unternehmen müssen nicht nur ihre Systeme, sondern auch ihre Mitarbeitenden befähigen. In der Praxis bedeutet das: neue Schulungskonzepte, transparente Kommunikation und klare Verfahren zur Beteiligung.
Auch Cybersicherheit wurde thematisiert – insbesondere im Hinblick auf Schatten-IT, nicht zertifizierte Tools und generative KI, die außerhalb unternehmensinterner IT-Strukturen eingesetzt wird. Hier sei Prävention ebenso wichtig wie Aufklärung und klare Regelungen.
Fazit: Betriebsvereinbarungen als strategisches Instrument
Die zweite MitBestimmt!-Session zeigte: Der Einsatz von KI ist in der betrieblichen Realität angekommen. Wer Beschäftigte schützen und gleichzeitig Innovation ermöglichen will, muss das Thema strategisch angehen. Betriebsvereinbarungen können dabei Orientierung geben – wenn sie bewusst gestaltet, flexibel angelegt und gemeinsam getragen werden.
Mitbestimmung ist damit nicht Bremse, sondern Möglichmacherin: für gute Arbeit im digitalen Wandel.